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SUGAR im KIT – ab 16.11. Positionen aus der Klasse Prof. Katharina Fritsch

KIT (Düsseldorf) – Ausstellung Sugar

Positionen aus der Klasse Prof. Katharina Fritsch

Klasse Prof. Katharina Fritsch, Foto © Sven Blatt
Klasse Prof. Katharina Fritsch, Foto © Sven Blatt

Ab morgen gibt es nicht nur oben im Café des KIT, sondern auch in den unterirdischen Ausstellungsräumlichkeiten „Süßes“ – das KIT (Kunst im Tunnel, ein zu einem kleinen Ausstellungsraum umgewidmeter, nicht benutzer Tunnelteil der U-Bahn an der Rheinufer-Promenade) zeigt dort die Ausstellung „Sugar“, eine Gruppenausstellung, bespielt mit Werken aus der Klasse von Prof. Katharina Fritsch. Der etwas surreale Titel sei aber eher zufällig entstanden, in ihm soll auch die Leichtigkeit und die Lebensfreude der Jugend mitschwingen, angesichts des noch fast jugendlichen Alters der ausstellenden Künstler. So sei auch die Typografie des Schriftzugs „Sugar“ dem Vor-/Abspann des Filmes „American Gigolo“ (dt. Titel „Ein Mann für gewisse Stunden“) entnommen, dem letzten Film, der im Pre-AIDS-Zeitalter noch eine unbeschwerte Freizügigkeit propagierte und eine gewisse Wendemarke darstellte – soweit das Marketingtechnische zu dieser Ausstellung, nun zur Ausstellung selbst.

Gezeigt werden höchst unterschiedliche Arbeiten von 13 Künstlerinnen und Künstler der Kunstakademie Düsseldorf, Klasse Prof. Katharina Fritsch in Anlehnung an die bereits seit längerem bestehende Ausstellungsreihe „Meisterschüler“ – da aber noch nicht alle ausstellenden Künstler „Meisterschüler“ sind, als quasi Erweiterung dieser Reihe auf eine Klassenausstellung. Prof. Katharina Fritsch, die beim Pressetermin zugegen war, betonte jedoch, dass es ihr bei der Auswahl der teilnehmenden Nachwuchskünstler wichtig war, die Künstler nicht verfrüht der Öffentlichket zu präsentieren. So würden nur Künstler gezeigt, bei denen aufgrund einer bereits erkennbaren Eigenständigkeit, einer fortgeschritteneren Arbeit vom Beginn eines Werkes gesprochen werden könnte. Einzelne der ausstellenden Künstler sind jedoch bereits keine Studenten der Kunstakademie mehr, sondern seien „bereits in der freien Wildbahn“, so Fritsch, und weiter „nur leider nicht in Düsseldorf“, sondern z. B. in Köln und Berlin. Berlin sei eben z. Zt. noch immer ein gewisser Magnet, was die Kunst betrifft. Gertrud Peters, die in die Ausstellung einführte meinte dann ergänzend, dass aber auch bereits rückkehrende Tendenzen festzustellen seinen.

Kondo Masakazu |  Orang-Utan, 2013, Kugelschreiber auf Papier 140 x 140 x 2 cm |  Goldfisch O4, 2013 Kugelschreiber auf Papier
Kondo Masakazu | Orang-Utan, 2013, Kugelschreiber auf Papier 140 x 140 x 2 cm | Goldfisch O4, 2013
Kugelschreiber auf Papier, Foto © Sven Blatt

Die Arbeiten selbst gewegen sich nicht nur im Bereich der Bildhauerei im engeren, klassischen Sinne. Sie reichen von mit farbigen Kugelschreibern geradezu akribisch gezeichneten Tierporträts des aus Japan stammenden Künstlers Masakazu Kondo über durch ihre perspektifische Wirkung dredimensional wirkenden Collagen Anna Lena Antons zu den „topografische Gipslandschaften“ von Annika Burbank bis hin zu ihre Statik und Räumlichkeit betonende Werke, wie die von Marius Wübbelings, die durch ihre Präsenz und ihren Rhytmus den Raum strukturieren oder das Werk „Sofa & Kissen“ von Thorsten Schoths, welches in der Andeutung von Gebrechlichkeit zwar die (künstlerische) Unsicherheit nach den Worten von Schoths versinnbildlichen soll, durch seine großartige dreidimensionale Präsenz aber dennoch selbstsicher in sich ruht.

Anna Lena Anton | Module, 2013 | Fotocollage | 129 x 288 cm
Anna Lena Anton | Module, 2013 | Fotocollage | 129 x 288 cm | Foto © Sven Blatt
Im Vordergrund: Annika Burbank, Landscape V (Pentagon), 2013, Acrylglas, Gips 110 x 151 x 162 cm
Im Vordergrund: Annika Burbank | Landscape V (Pentagon), 2013 | Acrylglas, Gips 110 x 151 x 162 cm | Foto © Sven Blatt
Marius Wübbeling, o. T., 2013 | Stahl, MDF, Lack | 200 x 150 x 150 cm
Marius Wübbeling, o. T., 2013 | Stahl, MDF, Lack | 200 x 150 x 150 cm, Foto © Sven Blatt
Thorsten Schoth | Sofa  Kissen, 2013 | Gips, Wachs, Pigmente, Anröchter Sandstein | Kissen ca 50 x 50 x 20 cm, Sofa ca 100 x 110 x 50 cm
Thorsten Schoth | Sofa Kissen, 2013 | Gips, Wachs, Pigmente, Anröchter Sandstein | Kissen ca 50 x 50 x 20 cm, Sofa ca 100 x 110 x 50 cm, Foto © Sven Blatt
Thobias Przybilla | Fuel, 2013 | Aluminium, Leuchtmittel, Plexiglas, Folie, MDF, Farbe | 195 x 126 x 24 cm
Thobias Przybilla | Fuel, 2013 | Aluminium, Leuchtmittel, Plexiglas, Folie, MDF, Farbe | 195 x 126 x 24 cm | Foto © Sven Blatt
v. l., Marius Wübbeling, o. T. | Anna Lena Anton, "Zwischenspeicher" & "Module" | Foto © Sven Blatt
v. l., Marius Wübbeling, o. T. | Anna Lena Anton, „Zwischenspeicher“ & „Module“ | Foto © Sven Blatt





Last but not least setzen die drei Wölfe oder „Sung Manitu Tanka“, wie der aus dem Indianisch stammende Originaltitel des Werkes von Mercedes Neuß lautet, den dreidimensionalen Schlußpunkt, in dem sie ihr Ensemble durch seine Körpersprache und Drohbebärden mit einem gefühlten Hauch von Bewegung und Spannung versieht, als müßte man jeden Moment damit rechnen, dass die Meute zum Sprung ansetzt.

Mercedes Neuss | Sung Manitu Tanka, 2012 | Gips, Farbe | 80 x 200 x 200 cm
Mercedes Neuß | Sung Manitu Tanka, 2012 | Gips, Farbe | 80 x 200 x 200 cm, Foto © Sven Blatt



Mit den Erklärungen ihrer Werke tat sich der künstlerische Nachwuchs z. T. noch etwas schwer, aber zum einen „sollte ein Künstler nicht so viel reden“ (O-Ton Fritsch), zum anderen übernehmen dies dann auch später im zunehmenden Maße Andere, die das – folgt man dem Bonmot von Gerhard Richter – auch besser können.



Wer sich selbst ein Bild zu der durchaus sehenswerten Ausstellung machen möchte, der kann dies von morgen an tun. Die Ausstellung endet am 26. Januar 2014.

Folgende Künstlerinnen und Künstler sind insgesamt an der Ausstellung beteiligt: Anna Lena Anton, Annika Burbank, Benjamin Greber, Kondo Masakazu, Mercedes Neuss, Tobias Przybilla, Kristian Schäferling, Franz Schmidt, Thorsten Schoth, Anna Szermanski, Alexander Toporka, Kristin Wenzel und Marius Wübbeling.




KIT – KUNST IM TUNNEL
Mannesmannufer 1b
40213 Düsseldorf
Di – So, 11 – 18 Uhr
www.kunst-im-tunnel.de

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Künstlergespräch mit Rita McBride und Katharina Fritsch im K20

KPMG Kunstabend mit Rita McBride und Katharina Fritsch

Anlässlich des an jedem 1. Mittwoch eines Monats stattfindenden KPMG-Kunstabend in den Häusern der Kunstsammlung NRW und der noch bis zum 27. Juli im K20 laufen-
den Ausstellung „Die Bildhauer“ lud Marion Ackermann, künstlerische Direktorin der Kunstsammlung zum abendlichen Künstlergespräch ins Museum am Grabbeplatz ein.

Marion Ackermann, künstlerische Direktorin der Kunstsammlung NRW
Marion Ackermann, künstlerische Direktorin der Kunstsammlung NRW – Foto © Sven Blatt

Als Gäste geladen waren Frau Prof. Rita McBride, die als designierte Rektorin Prof. Anthony Cragg ab 1. August als Leiterin der Kunstakademie Düsseldorf ablöst, Robert Fleck, Professor für Kunst und Öffentlichkeit, sowie Prof. Katharina Fritsch.

Bei dem Künstlergespräch, welches von Robert Fleck moderiert wurde, ging es weniger um eine Verortung der beiden Künstlerinnen in der laufenden Ausstellung – McBride und Fritsch nahmen nur wenig Bezug auf die Gesamtausstellung und ihren Platz darin. Es war vielmehr ein Gespräch mit zwei Künstlerinnen, die in dieser zeitlichen Gesamtschau des bildhauerischen Schaffens an der Kunstakademie Düsseldorf seit 1945 mit ausstellen. Das kuratorische Konzept der Ausstellung bildet eben eine zeitliche, weniger künstlerisch-thematische Klammer, woraus dann auch mehr ein nebeneinander denn ein miteinander Ausstellen resultiert, was aber der Güte der Ausstellung keinen Abbruch tut.

Robert Fleck, Rita McBride und Katharina Fritsch (v. l. n. r.) Foto © Sven Blatt
Robert Fleck, Rita McBride und Katharina Fritsch (v. l. n. r.) – Foto © Sven Blatt

Der Fokus des Gesprächs lag mehr auf dem jeweiligen künstlerischen Schaffen von McBride und Fritsch in Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft. Auf die Frage von Fleck an McBride, warum sie die Entscheidung getroffen hatte, als aus den USA stammende Künstlerin nach Europa zu gehen, meinte sie, dass Jeff Koons zu dieser Zeit damals gerade die USA “hart getroffen hätte“ (“Jeff Koons has hit hard in the US“), aber dass sie auch geglaubt hätte, dass alle guten Künstler aus Europa kommen würden.

Neben den künstlerischen Werdegängen kamen aber auch handwerk-technische Fragen nicht zu kurz. So gingen beide Künstlerinnen darauf ein, wie wichtig das Material und seine technische Handhabung für sie sind oder wie akribisch an den Details eines Modells gearbeitet werden muss, damit es noch funktioniert, wenn es danach auf das Dreifache “aufgeblasen“ wird (Fritsch: “dass nicht aus einem Hahn plötzliche eine festes Huhn geworden ist“). Es ginge bei ihrer Arbeit auch immer um Fragen der technischen Umsetz-
barkeit, um die Kosten für das Material, den Einfluss der Materialeigenschaften auf das Aussehen einer Skulptur. So erklärt McBride, dass es aufgrund der Materialeigenschaften von Karbon möglich sei, eine Skulptur wesentlich filigraner auszuführen als z. B. in Metall, womit die Eigenschaft des Materials auch Einfluss auf das Erscheinungsbild einer Skulptur nähme. So wäre ihre 50 Meter hohe Skulptur “Mae West“, mit der sie von der Stadt München beauftragt worden war, so wie sie dann in Karbon umgesetzt wurde (und dabei noch immer ein stattliches Gewicht aufzuweisen hat), in Metall gar nicht möglich gewesen. Nach eigenem Bekunden hält McBride auch immer Ausschau nach neuen Materialien: „Ich habe eine Liste von künstlerischen Ideen und ich habe eine Materialienliste – wenn eine Idee zu einem Material passt (“matches with“), dann macht sie das. Aber es wäre auch eine Frage des Preises: Karbonfaser, die sich aufgrund ihrer hohe Stabilität bei vergleichsweise geringem Gewicht, sehr gut zur Umsetzung großer Skulpturen eignet, sei in den Herstellungskosten noch immer sehr teuer.

Interessant zu erfahren war auch, dass Frau Fritsch bereits auf das 3D-Printing zurückgreift – allerdings nur zur Modellerstellung bzw. zur Modellvergrößerung, da sich das Ausgangsmaterial aufgrund seiner mangelnden Haltbarkeit nicht dazu eignen würde, direkt die endgültige Skulptur daraus herzustellen.

Beide Künstlerinnen arbeiten bzw. stellen sehr international aus und sind dabei oft parallel mit der Vorbereitung mehrerer Projekte beschäftigt. So wird McBride, die auch ein Atelier in Los Angeles betreibt, demnächst in Mexiko und in London (dort gemeinsam mit ehemaligen Studenten) ausstellen und eine Auftragsarbeit für eine Schule in New York umsetzen.

Katharina Fritsch stellt im Herbst ihre Multiples im Walker Art Center (Minneapolis, USA) aus und wird demnächst auch eine Ausstellung gemeinsam mit Jeff Koons und zwei weiteren Künstlern haben. Zudem wird ab dem 25. Juli ihr ultramarinblauer Hahn von der Vierten Säule (“Fourth Plinth“) auf den Trafalgar Square in London herabblicken. Diese Fourth Plinth, die ursprünglich einmal für ein weiteres Denkmal vorgesehen war, was aber aus Kostengründen nie umgesetzt wurde, wird seit einiger Zeit regelmäßig von sich abwechselnden, zeitgenössischen Künstlern bespielt.

Die beiden bereits genannten Skulpturen “Mae West“ und der blaue “Hahn“ zeigen auch beispielhaft, wie schnell Kunst im öffentlichen Raum zum Politikum werden kann, aber das ist auch nicht weiter verwunderlich, da letztlich politische Gremien über diese Auftragskunst entscheiden. Während die 1,5 Mio. teure “Mae West“ von Frau McBride erst ihren Kampf gegen den Widerstand der Münchner SPD gewinnen musste (die lieber diesen Betrag zur Schuldentilgung verwendet hätte), war es im Falle des blauen Hahns von Frau Fritsch ein Teil der Londoner Gesellschaft, der in dem Aufstellen eines Nationalsymbols der Französischen Republik in unmittelbarer Nähe eines Denkmal zu Ehren Lord Nelsons für seinen Sieg über die Franzosen bei der Schlacht von Trafalgar, einen Affront sah. Letztlich durchgesetzt haben sich die künstlerischen Ideen.



Wir hätten hier gerne einmal einen Spezialbeitrag zu Katharina Fritsch veröffentlicht. Leider gibt Katharina Fritsch wie sie mir nach dem Künstlergespräch mitteilte, keine Interviews (war das nicht gerade so etwas wie ein Interview?) und zudem ginge es ihr gesundheitlich im Moment nicht gut – sagt es und verabredet sich in gleichem Atemzug in einem anderen Kreise zum Essen – na dann wünschen wir “Guten Appetit und gute Besserung Frau Fritsch“!

Die Besucherzahl der Ausstellung bleibt wohl trotz eines großen Staraufgebots toter und lebender Künstler hinter den Erwartungen zurück. Bei meinem eigenen Besuch der Ausstellung vor etwa drei Wochen konnte ich mir die Exponate ohne “Störung“ durch andere Besucher anschauen, da kaum welche da waren. Der Besucherzuspruch kam trotz des lokalen Zuschnitts der Ausstellung wie man hören konnte weniger aus Düsseldorf (sieht man mal von der gestrigen Sonderveranstaltung im Rahmen des KPMG Kunstabends ab, die gut besucht war), sondern war mehr dem Kunsttourismus zu verdanken. Es gilt anscheinend auch hier die alte Weisheit, dass der Prophet im eigenen Lande nichts zählt. Schade eigentlich, denn die Ausstellung ist sehr sehenswert.