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Ausstellungsrezension: „Real Humans“ – KUNSTHALLE Düsseldorf



REIHE AUSSTELLUNGSREZENSIONEN AUF KUNSTDUESSELDORF.DE

REAL HUMANS in der KUNSTHALLE DÜSSELDORF

von Marianne Hoffmann




Ein Schwarm von Reihern, eine Insel mit Pflanzen, eine bewaffnete Computerspielfigur, ein Dinosaurier, ein Motorboot, Steine und Staub befinden sich in einem permanenten Wandel, indem sie aneinanderstoßen, sich vermengen, um die eigene Achse drehen und größer werden. Mit “Thousand Islands Thousand Laws” lässt sich Ian Cheng mit dem Betrachter in eine Welt ein, die sich nicht als Einheit erfassen lässt. Es ist ein animierter Film, in dem es keine Sicherheiten gibt außer, dass Leben eine ständige Veränderung ist.

Ian Cheng ist einer von drei Künstlern, die in der Kunsthalle Düsseldorf ein schwieriges Gebiet der Kunstvermittlung mit neuen Inhalten füllen. Unter dem Oberbegriff “Real Humans” zeigen, neben Ian Cheng, Wu Tsang und Jordan Wolfsons Werke, die auf unterschiedliche Weise Bedingungen des Menschseins reflektieren. Alle drei untersuchen in unterschiedlichen Vorgehensweisen und mit unterschiedlichen Verfahrensweisen die sozio-kulturellen, biologischen, ökonomischen und psychologischen Strukturen, in die der Mensch ihrer Meinung nach eingebunden ist. Jeder der drei Künstler hat in der Düsseldorfer Kunsthalle seinen eigenen Raum bekommen. Das ist insofern von Bedeutung, als man sich unbedingt die verschiedenen Ergebnisse in diesen auch architektonisch unterschiedlichen Räumen ansehen soll und muss.

Ian Cheng, der zum ersten Mal in Deutschland ausstellt, studierte zunächst Kognitionswissenschaften in Kalifornien, bevor er sich in New York als Künstler niederließ. Er spezialisierte sich im Genre Film und Video auf speziell hergestellte Echtheitssimulationen. Es ist ein besonderes Verfahren zur Herstellung von potentiell endlosen und unvorhersehbaren Animationen. Ein Zufallsgenerator entscheidet in seinem Video, wie die Figuren zu agieren haben. Chating Roboter sind die Stimmengeber in „Baby ft.Nicoya“ aus 2014. Eigentlich wurden Chatbots als eine Art Dienstleister eingesetzt, die menschliche Gesprächspartner imitieren können. Ihre menschlichen Stimmen und Ansagen werden übereinander gespielt, sodass nur noch streckenweise bzw. häppchenweise zu identifizieren ist, was gesprochen wird. Die einzige Konstante in Ian Chengs „Thousand Islands Thousand Laws“ ist die Veränderung. Leben ist Mutation ist Simulation. Ganz anders geht er in einem großen „Spruchbild“ vor. Man liest zunächst „ohm y god“ und assoziiert nach längerem Nachdenken dann doch noch, dass dort eigentlich „oh my god“ steht. Das ganze Spruchbild wird zum Buchstabenbild, die rote Farbe erinnert an Blut und an Morddrohungen, die verwaschen an einer Hauswand stehen. Man kennt das aus Krimis und ist schnell gelangweilt, denn die Videos um dieses Banner herum lenken den Blick auf bewegte Bilder, und was will der Mensch heute anderes? Besonders poetisch umgesetzt ist dies in der Arbeit „Something Thinking of You“ aus 2015. In einer freien Adaption der Abhandlung „Der Ursprung des Bewusstseins durch den Zusammenbruch der bikameralen Psyche“ des Psychologen Julian Jaymes (1978) entwirft Ian Cheng ein filmisches Experiment der Erforschung der Grenzen des Verstandes. In seinem Film lässt Cheng Organismen eine Wanderung ins Ungewisse unternehmen. Diese dunklen Organismen huschen durchs Bild, das anmutet als läge eine verschneite Landschaft zugrunde. Ein sich niemals wiederholender Handlungsverlauf hält den Betrachter an den Bildsequenzen fest.

Wu Tsangs Interesse gilt unterschiedlichen Formen von Identitätskonstruktionen und damit verbundenen Fragen von Diskriminierung und Zugehörigkeit. Sein großes Anliegen sind die alltäglichen Erlebnisse von Menschen, die aufgrund ihrer Sexualität, sozialen Klasse oder ethnischen Herkunft diskriminiert werden. Durch die von ihm entwickelte Methode der „Full body quotation“, dem sogenannten Ganzkörperzitat, schafft Tsang einen Verfremdungseffekt, der Spannungen im Film erzeugt und Wahrnehmung verändert. Seine Werke im Stile des magischen Realismus haben Preise gewonnen, so zum Beispiel der Film „Wildness“, der aus 2012 stammt und in Düsseldorf gezeigt wird, außerdem kommt es zur Uraufführung seiner neuesten Arbeiten „The Looks“ aus 2015. „Wildness“, sein preisgekrönter Spielfilm, kreist um die Bar Silver Platter in L.A.. Dort hat die LGBT-Gemeinschaft (Lesbisch, Homosexuell, Bisexuell, Transgender) seit 1963 ihr Zuhause. Gemeinsam mit Freunden organisiert Tsang dort die experimentelle Performance-Kunst-Party „Wildness“, mit dem Ergebnis, dass ein neues Publikum in diese eingeschworene Bargemeinschaft eindrang, was zwangsläufig zu Problemen führen musste. Doch die zunehmende Popularität dieser Bar und ihrer eingeschworenen Gemeinschaft führte auch zu mehr Wahrnehmung und Offenheit gegenüber Ausgegrenzten. Eine Bar spielt sich selbst, ein ungewöhnlicher und immer noch brandaktueller Film. In seinem neuen Film „The Looks“ spielt die Performerin „Boychild“ die Hauptrolle. Sie zeigt, wie eine zukünftige Gesellschaft von Avataren überwacht wird, den sogenannten Looks. Dabei sind die Looks künstliche intelligente Frequenzen, die den sozialen Austausch der Menschen über soziale Medien überwachen. Das Material zu diesem Film entstammt einer Performance von Boychild, die im Stadelijk Museum in Amsterdam stattgefunden hat. Es sind das phantastische Bling-Bling Kostüm der Künstlerin, ihr mit Pailletten überzogener Kopf, die Anmut der Bewegungen, das scheinbar Zerrissene im Zelluloid, das keines ist, die den Betrachter in den Bann ziehen.

Sein Spiel mit Mythen und Bedeutungen der kapitalistischen Welt, seine aufgeladenen Assemblagen aus verschiedenen Materialien der Popkultur, macht Jordan Wolfson auf eindrucksvolle Weise zu einer Welt voller zerrissener Individuen, die zwischen der Sehnsucht nach Zugehörigkeit und Intimität und einem Bedürfnis nach Abgrenzung und Einzigartigkeit schwanken. In „Raspberry Poser“ werden Welten gekonnt gemischt und umcodiert. Dabei ist das Wort Raspberry schon im Englischen doppeldeutig: es bedeutet sowohl Himbeere als auch Schnauben. Zu seinen Filmen zeigt Wolfson eine Reihe von unbetitelten Skulpturen, in denen collagierte Bildarrangements in vom Künstler selbst angefertigten Aluminiumrahmen gefasst sind. Dabei spielen Bumper Sticker eine große Rolle. Das sind Aufkleber, die von Unternehmen zur Werbung oder auch von Privatpersonen zur Markierung einer bestimmten Zugehörigkeit, zum Beispiel auf Autos, angebracht werden. Zitate der Popkultur ergänzen diese Bilder, die der Künstler Skulpturen nennt. Das gleiche gilt auch für Tintenstrahldrucke aus dem Bereich Comic mit der Hand des Künstlers im Bild.

Der schwächste Teil der Real Human Ausstellung, aber das liegt wie immer im Auge des Betrachters. Alle drei Künstler (!) sind Jahrgang 80 bzw. zu Beginn der 80er geboren. Die beiden Kuratorinnen sind jünger. Es scheint, dass mit „Real Humans“ ein Dialog der jüngeren Generation stattfindet, der vielleicht auf der bei „arte“ gezeigten gleichnamigen Serie „Real Humans“ eine Basis findet. Das Besondere bei der Arte Serie ist, dass sie im Land der Krimis in Schweden spielt. Die Hubots (Abkürzung für Human Robots), erledigen Aufgaben, die für gewöhnliche Maschinen zu schwer sind, und sind so unabkömmlich im Alltag der Menschen geworden. Diese aus dem Jahre 2012 stammende Serie hat viele Anknüpfungspunkte in Düsseldorf oder umgekehrt. Es ist eine Ausstellung, die viel Angst zeigt und Probleme unseres Menschseins in eine neue Sprache transferiert. Nicht immer verständlich, aber immer sehenswert.





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Weitere Informationen zu dieser Ausstellung finden Sie hier. Die Ausstellung geht noch bis zum 19. April.



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Kunstakademie Düsseldorf: Rundgang 2015


„Fick Dich, ich fahr nach Kalifornien“

Rundgang 2015 an der Düsseldorfer Kunstakademie

Von Marianne Hoffmann



Rita McBride ist die aktuelle Rektorin der altehrwürdigen Düsseldorfer Kunstakademie. Sie hat die Nachfolge von Tony Cragg angetreten, der gerade von der Akademie für seine Lehrtätigkeit und sein Engagement geehrt wurde. Vor ein paar Tagen konnten in einer langen Senatssitzung vakante Professorenstellen neu besetzt werden, doch die spielen für den aktuellen Rundgang keine Rolle.



Laura Sachs; Foto: Marianne Hoffmann, © KunstDuesseldorf.de
Laura Sachs; Foto: Marianne Hoffmann, © KunstDuesseldorf.de
Im Erdgeschoss reihen sich die Arbeiten der Abschlussklassen aneinander. Laura Sachs aus der Klasse von Prof. Kiecol präsentiert sensible Arbeiten zum Thema Form und Konstruktion. Dabei stellt sie sich die Frage: “Was verändert ein minimaler Eingriff an meinem Objekt?“ In ihrem Fall eine braun getönte Leinwand. Eine Stahlklammer am oberen Rand der Leinwand angebracht, verändert die Wahrnehmung. Ein Gitter aus unterschiedlichen Materialien setzt auf malerische Effekte durch Licht und Schatten. Ihr geht es wie dem Chirurgen, der mit einem minimalinvasiven Eingriff das optimale Ergebnis erzielen will, ohne den Patienten zu sehr zu belasten.

Ganz andere Gedanken hat der Kommilitone Sebastian Bathe mit seiner im selben Raum aufgestellten 3-teiligen Arbeit. Er setzt einen quadratischen gerahmten Betonsockel in die Mitte des Raumes, ordnet dahinter geometrisch zugeschnittene Holzplatten an, setzt eine weitere dahinter und endet mit einer Stahlstele an der Wand. Schwarzer Endpunkt der Raumbetrachtung. Es ist ein sehr differenziert ausgearbeitetes Werk, auf die Raumsituation zugeschnitten und trotzdem ist Sebastian Bathe uneins mit sich und dem Werk. Der Künstler steckt voller Selbstzweifel. Sein Gehirn komponiert ein Lied und eine neue Arbeit für einen anderen Raum und einen anderen Ausgangspunkt. Die Arbeit mit dem ungewöhnlichen Titel: „Fick Dich, ich fahr nach Kalifornien“ lässt auf alle Fälle auf mehr hoffen.

Sebastian Bathe, „Fick Dich, ich fahr nach Kalifornien“. Foto: Marianne Hoffmann, © KunstDuesseldorf.de
Sebastian Bathe, „Fick Dich, ich fahr nach Kalifornien“. Foto: Marianne Hoffmann, © KunstDuesseldorf.de

Viele der Studenten im Erdgeschoss der Akademie, die nun zum letzten Mal am Rundgang teilnehmen und ausstellen, sind selbstsicher genug zu wissen, dass sie ihren Weg gehen werden und das in Düsseldorf oder Duisburg oder Wuppertal, jedenfalls dort, wo sie sich Atelierräume leisten können. Berlin ist für sie keine Option.

Die Gänge in der Kunstakademie scheinen nicht enden zu wollen, und so freut man sich über Abwechslung auf den Fluren und den Abbiegungen, die sich anbieten, größere Werke an prominenter Stelle zu präsentieren. Daphne Stahl hat diese Gelegenheit genutzt, um eine Stahlskulptur Mensch in eine Art Hamsterrad zu fesseln. Eine Anspielung auf die Ausbildung in der Akademie oder das Leben? Wer wagt die Interpretation eines gefälligen Kunstwerkes?

Daphne Stahl; Foto: Marianne Hoffmann, © KunstDuesseldorf.de
Daphne Stahl; Foto: Marianne Hoffmann, © KunstDuesseldorf.de

Micha Jönke aus der Klasse Deacon, zeigt eine Arbeit, die schon 7 Jahre alt ist, aber niemals vorher zu sehen war. Er hat sie konstruiert, mit seinem Kunststudium begonnen und die Arbeit auf den Dachboden verbannt. Da Micha Jönke auch Architektur studiert hat, versteht er seine Arbeit als Schnittstelle zwischen Architektur und Kunst. Auf einem Gerüst aus schmalen Stahlstreben und einer Platte stehen höchst banal ein Reihenhaus und ein zweites Haus. Es soll ein Haus am See sein. Die Architektur der Häuser weist weder das Reihenhaus noch das Haus am See als solches aus, dafür ist die Architektur zu futuristisch konzipiert.

Micky Damm setzt sein Wissen über Malerei und Raumskulptur ganz anders um. Er stellt ein simples Regal auf. In den Standardfächern aus dem Baumarkt liegen Leinwände, die pastose Monochromie wahrnehmen lassen.

Micky Damm; Foto: Marianne Hoffmann, © KunstDuesseldorf.de
Micky Damm; Foto: Marianne Hoffmann, © KunstDuesseldorf.de

„And the years shall run like rabbits“. Unter diesem Titel präsentiert Nina Nowak eine Raumskulptur in Beton, Stahl, gekrönt durch eine Pflanze, während Kollegin Thea Heise auf Malerei und Lithografie setzt. Arbeiten in Holz, zum Teil grell lackiert, mit geriffelter Gummisohle unterfüttert, so zeigt Katharina Beilstein ihre Variationen zum Thema Schuh. Das Ensemble trägt den bezeichnenden Titel „platforms“ und präsentiert, was Holzskulptur im 21. Jahrhundert bedeuten kann. Das Verwirrspiel der Sinne, das sie in ihrer Präsentation zeigt, prägt sich nicht nur Frauen ein.

Katharina Beilstein; Foto: Marianne Hoffmann, © KunstDuesseldorf.de
Katharina Beilstein; Foto: Marianne Hoffmann, © KunstDuesseldorf.de



In der Abschlussklasse von Prof. Katharina Fritsch verwirklichen Anna Szermanski und Thorsten Schoth ihre Ideen zu Positionen der Kunst der Jetzt-Zeit. Während Anna Szermansky große Leinwände mit Skeletten malerisch, bunt und blumig befüllt, setzt Thorsten Schoth auf weißen Gips und das Thema Gender und Theater. Eine klassische Skulptur der Antike, die im Begriff ist ein Mieder anzulegen, spiegelt eine Frau beim Ankleiden vor, doch sieht man ihr ins Gesicht, sieht man einen zarten Jüngling, der das Mieder mit elegantem Schwung an seinen Körper zieht. Seine Kulisse ist ein in den Himmel ragendes Banner, das eben jenen symbolisiert.

Thorsten Schoth; Foto: Marianne Hoffmann, © KunstDuesseldorf.de
Thorsten Schoth; Foto: Marianne Hoffmann, © KunstDuesseldorf.de

Tobias Nink ist ein Künstler, der sich mit dem befasst, was unsere Eltern uns hinterlassen, und womit wir nur noch Sperrmüll sehen. Aus diesem Sperrmüll kreiert Tobias Nink schlanke Stelen auf hohen Beinen. Einen alten Emaillegasherd hat er mit der Flex so verschlankt, dass man ihn als Einplattenherd scheinbar nutzen kann. Aber auch er zeigt mit dieser Installation sein Abschlusswerk.

Malerei, Skulptur, Rauminstallation, freie Improvisation, die Grenzen sind fließend. Die Vielfalt der künstlerischen Vorgehensweisen ist klassenübergreifend. Die Zuordnung zu den Professoren steht allein an der „Klassentür“. Und differiert von Stockwerk zu Stockwerk. Wie weit noch gelernt, gearbeitet und ausgearbeitet werden muss, zeigt sich besonders in den Klassen der Malerei. Hier sind die Unterschiede zum Teil so eklatant, dass man den Worten von Rita McBride gerne Nachdruck verleihen möchte: „Es ist aber gut, wenn sich die Trennung in Sparten auflöst. Ich bin zum Beispiel Professorin für Bildhauerei, aber in meiner Klasse wird viel gemalt. Ausgangspunkt müssen die Ideen der Studenten sein“. Doch was ist, wenn Ideen vorhanden, aber an der Technik noch sehr gefeilt werden muss. Reicht es dann schon zum Rundgang? Immerhin eine Ausstellung, die Massen anzieht. Und sie fährt fort: “Wir geben ihnen ein Vokabular, um ihre Ideen auszudrücken.“ Dass sie dieses Vokabular erreichen, zeigen die Arbeiten von Meisterschülern und jenen schon beispielhaft beschriebenen Abschlussklassen.

Wer nach klaren Aussagen in der Kunstakademie Düsseldorf sucht, sollte auf jeden Fall die Klasse für Bühnengestaltung und Baukunst besuchen. Ein Hochhaus in Düsseldorf neu zu interpretieren, die Erweiterung der Landesbibliothek in Berlin zu überdenken oder die Ringstraßen am Dortmunder Wall macht nicht nur Sinn, sondern reizt die Sinne.

Die Tage der Rundgänge fordern den Besucher heraus, die Frage wieviel Kreativität, Talent und Potential in diesem ehrwürdigen Haus steckt und wieviel grandioses Erbe es zu überbieten gilt, begleiten den Rundgang. Und wem das alles zu viel wird, der sollte vielleicht doch nach Kalifornien ziehen.




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Anmerkung der Redaktion: Der Rundgang geht noch bis morgen (Sonntag, 8. Feb). Der Eintritt ist frei. Kunstakademie Düsseldorf, Eiskellerstr. 1, 40213 Düsseldorf.

Rechtlicher Hinweis: Das Copyright des Textes und aller hier gezeigten Fotos liegt alleinig bei kunstduesseldorf.de. Es ist Dritten hiermit ausdrücklich untersagt, den Text bzw. die Fotos ohne Genehmigung weiter zu verwerten (auch wenn auf kunstduesseldorf.de verlinkt wird). Lediglich erlaubt ist ein kurzer Textauszug (max. 50 Zeichen), der auf diesen Originalbeitrag verlinkt.



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Katharina Grosse „Inside the Speaker“ – begehbare Malerei im Museum Kunstpalast (Düsseldorf)


KUNST|DÜSSELDORF – SERIE Ausstellungsrezensionen

KUNSTPALAST Düsseldorf –
Katharina Grosse „Inside the Speaker“


Begehbare Malerei

Von Meike Lotz

Ein »Ende der Malerei« ist nach dem Besuch der aktuellen Ausstellung von Katharina Grosse im Museum Kunstpalast weit in die Ferne gerückt. Die in Berlin lebenden und an der Düsseldorfer Kunstakademie lehrende, international renommierte Künstlerin Katharina Grosse (*1961), hebt die konventionellen Grenzen der Malerei auf und eröffnet für sie die dritte Dimension.

Ausstellungsansicht (Foto: Meike Lotz)
Ausstellungsansicht (Foto: Meike Lotz)

Schon beim Betreten des ersten Ausstellungsraumes wird der Besucher von der Farbexplosion der überdimensionalen Bilder der Künstlerin in den Bann gezogen. Bei einigen von ihnen scheint die Farbe noch flüssig und lebendig über die Leinwand zu laufen. Andere erinnern an Graffiti-Kunst, fast grafisch liegt die Sprühfarbe als Linien über Farbinseln auf der Leinwand, dabei hebt Katharina Grosse die Grenzen der Leinwand auf und die Farblinien bahnen sich den Weg in ein Darüber hinaus. Ähnlich verfährt der auch in Berlin lebende Nachwuchskünstler Christian Awe, der die übersprühten Flächen seiner Bilder jedoch wieder freilegt und so die Farbhistorie des Bildes für den Betrachter erfahrbar macht.

Katharina Grosse, 2014, Foto: Veit Mette, © Katharina Grosse/VG Bild-Kunst, Bonn, 2014
Katharina Grosse, 2014, Foto: Veit Mette, © Katharina Grosse/VG Bild-Kunst, Bonn, 2014

Katharina Grosse arbeitet mit einer mit Kompressor betriebenen Spritzpistole. Bereits 1998 entstanden ihre ersten Bilder/Wandarbeiten mit dieser Technik, 2001 begann Grosse auch im Außenraum zu sprühen und verließ den traditionellen Malgrund – Steine, Wiesen, Baumstämme sowie Privathäuser, Museen, Treppenhäuser, Plakatflächen u. a. nutzte Grosse als Trägermaterial für ihre Malerei. Dabei verteilte sie die grell-leuchtenden Farben derart verschoben zu unseren Sehgewohnheiten in die Landschaft und auf die Architektur, so dass der Betrachter im ersten Augenblick des Sehens an der Wirklichkeit des Gesehenen zunächst zweifeln muss.

Katharina Grosse, o. T. , 2008,, Acryl auf Leinwand, 390 x 796 cm, Courtesy Johann König, Berlin / © Katharina Grosse und VG Bild-Kunst Bonn, 2014, Foto: Olaf Bergmann
Katharina Grosse, o. T. , 2008,, Acryl auf Leinwand, 390 x 796 cm, Courtesy Johann König, Berlin / © Katharina Grosse und VG Bild-Kunst Bonn, 2014, Foto: Olaf Bergmann

So auch beim Betreten des zweiten Ausstellungsraumes im Museum Kunstpalast. Wer schon viele Museen und viele Ausstellungen besucht hat, kann sicher sein: So etwas hat er noch nicht gesehen. Katharina Grosse ist es gelungen, eine neue Dimension von Malerei zu erschaffen – eine für den Besucher begehbare!

So schreibt Direktor des Museums Kunstpalast und Kurator der Ausstellung Beat Wismer: »In der Begehung der Installation werden wir tatsächlich ins Reich der Malerei eintreten und mit all unseren Sinnen deren Betörung und Stolpersteine erfahren, wir werden aktiver Teil von und in ihr.«

Katharina Grosse, Inside the Speaker, 2014, Acryl auf Stoff und Erde / acrylic on fabric and soil, ca. 4,6 x 18,7 x 41,1 m, Installationsansicht / installation view, Stiftung Museum Kunstpalast, Düsseldorf, Courtesy Johann König, Berlin © Katharina Grosse und VG Bild-Kunst, Bonn 2014 / Foto: Nic Tenwiggenhorn
Katharina Grosse, Inside the Speaker, 2014, Acryl auf Stoff und Erde / acrylic on fabric and soil, ca. 4,6 x 18,7 x 41,1 m, Installationsansicht / installation view, Stiftung Museum Kunstpalast, Düsseldorf, Courtesy Johann König, Berlin © Katharina Grosse und VG Bild-Kunst, Bonn 2014 / Foto: Nic Tenwiggenhorn

Und tatsächlich – der Besucher geht mitten durch die farbig-leuchtende Trümmerlandschaft hindurch und scheint in einem Bild von Katharina Grosse zu stehen. Von den Seitenwänden sind Tücher gespannt, im Raum liegen felsenartige Steinbrocken, Sand und Schutt – getaucht in Neonfarben. Ist dies eine Ausgrabungsstätte, die Auswirkung eines Erbebens oder sind dies etwa die Trümmer der Malerei des 20. Jahrhunderts? Die in den Raum gespannten Stoffe erinnern an eine Leinwand, die die Farbe, ihre Bedeutung und ihre Komplexität nicht mehr zu tragen vermag und unter der Last zerbrochen ist.

Katharina Grosse, Inside the Speaker, 2014, Acryl auf Stoff und Erde / acrylic on fabric and soil, ca. 4,6 x 18,7 x 41,1 m, Installationsansicht / installation view, Stiftung Museum Kunstpalast, Düsseldorf, Courtesy Johann König, Berlin © Katharina Grosse und VG Bild-Kunst, Bonn 2014 / Foto: Nic Tenwiggenhorn
Katharina Grosse, Inside the Speaker, 2014, Acryl auf Stoff und Erde / acrylic on fabric and soil, ca. 4,6 x 18,7 x 41,1 m, Installationsansicht / installation view, Stiftung Museum Kunstpalast, Düsseldorf, Courtesy Johann König, Berlin © Katharina Grosse und VG Bild-Kunst, Bonn 2014 / Foto: Nic Tenwiggenhorn

Teilweise sind die Decken des Museums mit angesprüht – ein Zeichen von kreativer Explosion. Erstaunlicherweise entspricht die Rauminstallation dem vorhergegangen Model. Also, bei aller Spontanität des Farbsprühens eine geplante und genauestens durchdachte Konstruktion. Der logistisch-komplexe Aufwand des Projekts – 40 Kubikmeter Erde, 560 laufende Meter Stoff und 350 verbaute Europaletten in den Museumsausstellungsraum zu schaffen – bleibt für den Betrachter verborgen, ihm bleibt der reine Farbgenuss und das Gefühl Teil einer atemberaubenden neuen Malerei zu sein.

KATHARINA GROSSE. INSIDE THE SPEAKER from Institut für Kunstdokumentation on Vimeo.

Die Ausstellung »KATHARINA GROSSE. Inside the Speaker« ist bis zum 2. Februar 2015 im Museum Kunstpalast zu sehen.






Stiftung Museum Kunstpalast
Ehrenhof 4-5
40479 Düsseldorf
Tel. +49(0) 211-566 42 100
Fax. +49(0) 211-566 42 906
www.smkp.de






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PACT Zollverein zeigte Uraufführung der Performance „The Notebook“


Überlebensstrategien in einem brutalen Krieg zeigt die Performance *The Notebook“ der britischen Kompanie ‘Forced Entertainment‘

Von Susanne Braun



Aktuell überstrahlt die Installation How Love Could Be von Tim Etchells, künstlerischer Leiter der britischen Experimentaltheatergruppe Forced Entertainment, Bochum am Fördergerüst des Deutschen Bergbau-Museums im Rahmen des Detroit-Projekts (www.thisisnotdetroit.de). Das aktuelle Stück der Kompanie, The Notebook, hingegen, skizziert das Überleben zweier neunjähriger Jungen in einer durch Krieg und Not verrohten Gesellschaft, der die Liebe fast vollkommen abhanden gekommen ist.

Basis der Performance ist der 1986 erschienene Roman Le grand cahier der ungarischen Schritstellerin Agota Kristóf, der 1987 als Livre européen ausgezeichnet und in zwanzig Sprachen übersetzt worden ist.

Die Mutter kann ihre beiden Jungen, Zwillinge, während des Krieges in der Großstadt nicht mehr ernähren und sieht sich gezwungen, die Kinder zur Großmutter auf das Land zu bringen. „Du hättest sie zu Fremden schicken sollen“, herrscht die Großmutter ihre Tochter an, die unter einfachsten Bedingungen lebt und sich selbst nur mühsam mit dem Nötigsten versorgen kann. Die behütete Kindheit findet auf dem Land ein jähes Ende, die Großmutter nennt ihre Enkel ,Hundesöhne‘ und kümmert sich insgesamt kaum um sie. Die Zwillinge sind gezwungen, schnell effektive Überlebensstrategien zu entwickeln, wie die Darsteller der Zwillinge, Robin Arthur und Richard Lowdon, erklären:

Um beispielsweise Beschimpfungen und Schläge besser ertragen zu können, beschimpfen und schlagen sich die beiden gegenseitig so lange, bis es ihnen nichts mehr ausmacht: „Nach einiger Zeit spüren wir tatsächlich nichts mehr. Es ist jemand anderes, der Schmerzen hat, es ist jemand anderes, der sich verbrennt, sich schneidet, leidet. Wir weinen nicht mehr“. Alle Erfahrungen halten sie in sachlichem Tonfall in einem Heft fest. „Wir vergessen nie“, sagen sie immer wieder und es klingt meist wie eine Drohung. Markant ist dabei nicht nur die äußerst reduzierte Sprache, sondern auch die Tatsache, dass die Zwillinge sich als eine Art untrennbare Einheit begreifen. Sie sprechen von sich selbst nur in der ,Wir‘-Form, so als ob sie über keine Individualität, sondern nur über eine gemeinsame Identität verfügten:

Innig verbunden lernen sie, sich die Dinge zu beschaffen, die sie zum Leben benötigen, notfalls auch mit Gewalt. „Die Leute sind grausam. Sie töten gern. Der Krieg hat ihnen das beigebracht. Und überall liegt Sprengstoff herum“, stellen sie fest, als auf eine Nachbarin ohne erkennbaren Grund ein Anschlag verübt wird, der sie in Lebensgefahr bringt. Insgesamt verschwimmen in der Wahrnehmung der beiden die Grenzen zwischen moralisch ,gut‘ und ,böse‘ in vielen Momenten. Als sie etwa auf Unterstützung von der Haushälterin des Pfarrers hoffen, werden sie Opfer sexueller Übergriffe, in einem anderen Fall können sie eine Nachbarin nur durch Erpressung vor dem Verhungern retten. Insgesamt bemühen sich die beiden Jungen ernsthaft und nicht ohne eine gewisse Portion schwarzen Humors, nur so brutal wie unbedingt notwendig zu sein und die Menschen in ihrer Umgebung so gut es geht zu unterstützen. Sie empfinden sich insofern sogar als durchaus wohltätig:

Die Performance von Forced Entertainment unter der Regie von Tim Etchells setzt darauf, den lakonischen Text des Romans, der immer die tiefe Verbundenheit der Zwillinge widerspiegelt und auch Dank der Darsteller Robin Arthur und Richard Lowdon an vielen Stellen über eine beeindruckende Situationskomik verfügt, optimal in Szene zu setzen:

The Notebook kennt keine ,richtige‘ oder ,falsche‘ Seite und auch keine Gewinner im moralischen Sinne. Deutlich wird, dass der Krieg das soziale Gefüge einer Gesellschaft so sehr zerstört, dass eine Rückkehr zur Normalität nur schwer möglich ist. Nach der Uraufführung von The Notebook bei PACT Zollverein in Essen gibt es vom 24. bis 26. Juni und vom 19. bis 20. Juli weitere Aufführungen im LIFT, London (www.liftfestival.com) und beim Latitude Festival, Suffolk (www.latitudefestival.com) in Großbritannien. Mehr Infos unter: www.forcedentertainment.com

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Quadriennale 2014 – Düsseldorf wagt den Blick in die Zukunft


Quadriennale Düsseldorf 2014

Über das Morgen hinaus – Düsseldorf wagt den Blick in die Zukunft

von Marianne Hoffmann



Großes hat die Stadt Düsseldorf geplant, um Deutschland auf die nordrheinwestfälische Landeshauptstadt aufmerksam zu machen.

Zum 3. Mal startet die Quadriennale und bindet alle Kulturstätten und die Galerien in dieses Projekt mit ein. Unter dem Motto ”Über das Morgen hinaus” versuchen die Projektleiter einen individuellen Blick in die Zukunft zu werfen, wobei die Vergangenheit ganz bewußt einbezogen wird, was man an den Ausstellungen im Filmmuseum, der Langen Foundation und dem Hetjens Museum bewußt nachempfinden kann und soll. Im Filmmuseum geht es um Science Fiction und Metropolis, in der Langen Foundation um den Lichtkünstler Otto Piene, und das Hetjens Museum zeigt, was Ton als Material so alles kann. Der Betrachter ist gefragt und gefordert und eingeladen, ein paar Tage in Düsseldorf zu verbringen, denn mehr als zwei Ausstellungen am Tag sind kaum zu bewältigen.

Lautstark wurde das Festival durch die Komposition des Klangkünstlers Rochus Aust “Fanfara Futurista” eröffnet. Eigens für diese zukunftsweisende Fanfare hat er Quadrophone als neue Musikinstrumente erfunden. Im Laufe der Quadriennale werden einzelne Miniquadrophone, die sich in Kanaldeckeln befinden, diese Fanfare immer wieder zum Besten geben. Diese Installation , die in enger Kooperation mit den Stadtentwässerungsbetrieben entwickelt wurde, ist sicherlich so noch nie da gewesen. Und selten hat man einen Sprecher der Stadtentwässerungsbetriebe gehört, der einem dieses Abflusssystem und die jetzt entstandene Kunst so nahe bringen konnte, dass allein diese Performance über das Morgen hinaus unvergessen bleiben wird.


FANFARA FUTURISTA, Ehrenhof Düsseldorf. Foto: Katja Illner
FANFARA FUTURISTA, Ehrenhof Düsseldorf. Foto: Katja Illner


Dass in diesem Jahr alles anders ist, beweist auch das Begleitbuch, das es zum ersten Mal in dieser Form gibt. Es führt an vielen Textbeispielen durch die Welt der Begrifflichkeiten, die sich die Quadriennale auf ihre imaginäre Denkfahne geschrieben hat. Aufbruch/ Erde/ Himmel/ Licht/ Fortschritt/ Verwandlung/ Utopie/ Experiment/ Feuer/ Neugier/ Rückzug lassen den Kuratoren viel Raum für Ausstellungsthemen und dem Besucher viel Raum, um nachzudenken. Neu ist ebenfalls, dass sich die Quadriennale-Organisatoren einen künstlerischen Vordenker bestellt haben, der zusammen mit einem Kunstbeirat, meist Leiter der verschiedenen Kulturinstitutionen, ein griffiges Konzept entwickelt hat. Doch Wolfgang Ullrich, Professor für Kunstwissenschaft und Medientheorie an der HFG Karlsruhe, verliess das Schiff schon zum Ende des vergangenen Jahres, aus persönlichen Gründen, wie es heißt. Allerdings hat die Zeit gereicht, dem Projekt Substanz zu verleihen. So ist ihm der Gedanke, dass in diesem Jahr der Plural an Zukünften im Fokus der Quadriennale steht, zu verdanken. Entsprechend, so schreibt er, “meint da “Über das Morgen hinaus “ nicht nur den Blick in die Zukunft in kalendarischer Hinsicht; vielmehr klingt darin genauso der Anspruch an, in jeder Weise das Alltägliche und Bekannte zu überschreiten und dorthin zu gelangen, wo ganz andere Arten von Erkenntnis und Einsicht erhofft werden können.” Da stellt sich sofort die Frage: wie wird eine Ausstellung zu “Mondrian, Malewitsch und Kandinsky – der weiße Abgrund Unendlichkeit” diesem Anspruch gerecht? Eine Untersuchung zur Nicht-Farbe “Weiß” in ausgesuchten Werken dieser drei hervorragenden Künstler ist sicherlich per se ein spannendes Thema und ermöglicht durch eine geschickte Ausstellungsinszenierung und begleitende Laboratorien eine hervorragende Forschungsgrundlage. Interessant ist, dass diese Ausstellung schon vor der parallel laufenden Malewitsch Ausstellung in Bonn geplant war, die dadurch wiederum nicht auf das schwarze Quadrat zurückgreifen konnte, während es Düsseldorf gelungen ist, eine Variante des berümten Werkes auszustellen. Zukunftsweisend ist hier nichts, allerdings in der Vergangenheit gedacht, war das, was die Herren auf die Leinwand gebracht haben, etwas, was über das Morgen hinaus Bestand hat. Um die Sinne zu resensibilisieren, zeigt Olafur Eliasson im K20 eine Lichtinstallation, die an Bewegungen im All erinnert. Auf Monitoren erklärt der Künstler höchstpersönlich die Begrifflichkeiten der Quadriennale. Zusätzlich hat er eine APP “Your exhibition guide” entwickelt, die dem Benutzer elf kurze Filme vorführt und ihn z. B. mit der Frage konfrontiert: Was wäre, wenn die Kunst keine Kunst wäre? Außerdem zu sehen im K21 Ständehaus ist die Ausstellung “Unter der Erde von Kafka bis Kippenberger”. Die einzelnen Ausstellungskapitel handeln von Eingängen, Übergängen, Rückzug und Aufbruch ins Unterirdische, dem Bezug des Untergunds zum Unbewussten und Unheimlichen oder von der Gegenüberstellung des fiktiven und des konkreten Raumes. Hier spielen Vergangenheit und Gegenwart zusammen und geben der Fiktion über das Morgen hinaus Raum.

Julia Stoschek, herrlich unaufgeregt und gar nicht präsent im Reigen der öffentlichen Beweihräucherung, bespielt zum ersten Mal ihre Ausstellungsräume in Oberkassel mit nur einer Künstlerin. Elaine Sturtevant, mittlerweile 84 Jahre alt, wurde durch das Kopieren der Werke der Heroen der zeitgenössischen Kunst bekannt. Die “queen of copycats” hat sich der Welt der digitalen Revolution gestellt und bezieht nun Bilder der Massenmedien in ihre selbst gedrehten Filme ein und verwandelt diese in zeitbasierte Arbeiten. Mit den ästhetischen und formalen Möglichkeiten des world wide web analysiert sie die Ursprünge von Wissen, Kunst und Kultur. Diese Ausstellung ist eine Herausforderung für alle Sinne und ein extremes Beispiel, was die Beschäftigug mit dem Jetzt über das Morgen hinaus im Menschen auslösen kann.





Nahtlos könnte man von hier in die Kunsthalle der Stadt Düsseldorf übergehen, wo sich die Künstlergeneration, die mit dem Tablet vor Augen aufgewachsen ist und sich schon frühzeitig Gedanken um den Prozess der Digitalisierung machte. “Smart New World”: die Auflösung und Überführung analoger Informationen in digitale Codes zum Zweck ihrer Speicherung und Weiterverarbeitung . Die ausstellenden Künstler und Künstlerinnen befassen sich also damit, welche kulturellen, gesellschaftlichen und politischen Dimensionen die digitale Welt erschließt. Allein schon der Einlass in die Ausstellung geschieht nicht einfach so. Ein neo-avantgardistisches, streng hierarchisch organisiertes Netzwerk von Künstlern, Schriftstellern und Philosophen operiert unter dem Namen International Necronautical Society (INS). Die Besucher werden erst nach einer geleisteten Unterschrift, die einen Verbrauchervertrag auf Basis der philosphischen Doktrin der INS abschließt, in die Ausstellung eingelassen. Und danach hat man die Möglichkeit, sich in die Cyberwelten einzulassen, die manchmal ganz real aus Stapeln von ausgedruckten Papieren bestehen, wie z. B. Kenneth Goldsmith es zeigt. Er hatte als erster Mensch versucht, das gesamte Internet auszudrucken.

“Printing out the Internet” fand 20.000 Unterstützer und über 1000 Presseberichte und Kommentare zu diesem Projekt. Über das Morgen hinaus ist es ein Projekt, das niemals ein Ende finden wird . Und die 230.000 Seiten, die eine Horde von Mitarbeitern an schmalen Bürotischen ausgedruckt haben, gewidmet Aaron Swartz vom Online-Zeitschriftenarchiv “JSTOR”, der “viel” heruntergeladen hat und von der US-Staatsanwaltschaft angeklagt wurde.

13 Institutionen – Kunstmuseen, Ausstellungshäuser und die Kunstakademie – zu analysieren und besprechen, würde über das Morgen hinaus dauern und den einzelnen Ausstellungen sicherlich nicht gerecht, die beteiligten Galerien gar nicht mit eingerechnet. Viel ist nicht immer gut und gut gemeint kann leicht danebengehen. Auch wenn die extra entwickelte Quadriennale-App, leider erst ab Ende April den Besucher von 6 bis 60+ virtuell durch die Ausstellungen führt, stellt sich die Frage, ob das über das Morgen hinaus oder in das Gestern hinein gedacht wurde.





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Die Quadriennale geht noch bis zum 10. August 2014.Programmheft

Weitere Informationen unter http://quadriennale-duesseldorf.de/.

Zur Ausstellung “Mondrian, Malewitsch und Kandinsky – der weiße Abgrund Unendlichkeit” vgl. auch unsere Rezension.



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Quadriennale Düsseldorf 2014: das K20 huldigt mit KANDINSKY, MALEWITSCH & MONDRIAN dem WEIß


Der weiße Abgrund Unendlichkeit Quadriennale Düsseldorf 2014, Kunstsammlung Nordrhein-Westfalen, Installationsansicht der Ausstellung, K20 Grabbeplatz, 05.04. – 06.07.2014, Foto: Achim Kukulies. Foto: © Kunstsammlung NRW
Der weiße Abgrund Unendlichkeit
Quadriennale Düsseldorf 2014, Kunstsammlung Nordrhein-Westfalen, Installationsansicht der Ausstellung, K20 Grabbeplatz, 05.04. – 06.07.2014, Foto: Achim Kukulies.
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Reihe: AUSSTELLUNGSREZENSIONEN AUF KUNSTDUESSELDORF.DE

KANDINSKY, MALEWITSCH, MONDRIAN UND DIE NICHT-FARBE – WEIß

von Meike Lotz


Ganz in Weiß… präsentiert sich die K20 Kunstsammlung ab Samstag zur großen Quadriennale Schau hier in Düsseldorf. Dazu trug sie hochkarätige Werke der drei Wegbereiter der Abstrakten Kunst, Kandinsky, Malewitsch und Mondrian, aus wichtigen Sammlungen der Welt wie aus der Tretjakow Galerie Moskau, dem Guggenheim Museum New York und dem Pariser Centre Pompidou u.a. zusammen.

„So eine Ausstellung, in dieser Qualität wird es in den nächsten zehn Jahren nicht mehr geben“ erklärt Museumsdirektorin Marion Ackermann und wird damit vermutlich Recht behalten. Die zahlreichen Neugründung von Museen vor allem in der Golf-Region und in den asiatischen Staaten verändern derzeit nicht nur die internationale Museumslandschaft, sondern stellen auch neue Fragen nach der Definition und Funktion von Museen.

Den Geschmack der Zeit hat die Architektur der Ausstellung jedenfalls schon mal getroffen. Weiß in Weiß sind die Gemälde der drei Künstler in Szene gesetzt. Luxuriös steht jedem Bild eine eigene weiße Wand zur Verfügung. Die Aufmerksamkeit des Betrachters richtet sich auf das einzelne Gemälde, in dem die verschiedenen Nuancen und Ausdifferenzierung der weißen Farbflächen sichtbar werden.

Und so führt die raumschiffähnliche Ausstellungsszenerie den Betrachter unmittelbar zum Thema der Museumspräsentation, die übrigens erstmalig die Farbe „Weiß“ und ihre Verwendung sowie Wirkung im Werk von Wassily Kandinsky, Kasimir Malewitsch und Piet Mondrian untersucht und damit ein neues wissenschaftliches Forschungsfeld öffnet. Alle drei Maler haben zu Beginn des 20. Jahrhunderts parallel zueinander Wege der Abstraktion entwickelt, bei denen die Nicht-Farbe „Weiß“ einen besonderen Stellenwert einnimmt: Sie wurde für die Künstler zum Symbol einer zukünftige Welt und sie nutzten sie für Ihre Versuche die vierte Dimension im Bild darzustellen (http://www.youtube.com/watch?v=kiT8G7pb2GA).


Der weiße Abgrund Unendlichkeit Quadriennale Düsseldorf 2014, Kunstsammlung Nordrhein-Westfalen, Installationsansicht der Ausstellung, K20 Grabbeplatz, 05.04. – 06.07.2014, Foto: Achim Kukulies. Foto: © Kunstsammlung NRW
Der weiße Abgrund Unendlichkeit
Quadriennale Düsseldorf 2014, Kunstsammlung Nordrhein-Westfalen, Installationsansicht der Ausstellung, K20 Grabbeplatz, 05.04. – 06.07.2014, Foto: Achim Kukulies.
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Die Vorstellung einer unsichtbaren Raumerweiterung und Existenz einer vierten Dimension war eng verbunden mit den damaligen physikalischen Entdeckungen, wie Einsteins Relativitätstheorie. Mehrdimensionale, unendliche kosmische und geistige Weiten schienen möglich und fanden ihren Ausdruck in den weißen Flächen der Avantgarde. Der Künstler schlüpfte in die Rolle des Sehers, dem es möglich war in die vierte Dimension, in die neue Welt zu blicken. So formulierte Kandinsky 1919 wegweisend zu seiner Kunst „Der weiße, freie Abgrund, die Unendlichkeit liegt vor uns“ – eine Metapher, die zum Titel der Ausstellung führte und sich dem Motto der Quadriennale „Über das Morgen hinaus“ zukunftsweisend anschließt.

Kandinsky, Malewitsch, Mondrian – Der weiße Abgrund Unendlichkeit (Quadriennale Düsseldorf K20 Grabbeplatz 05.04. – 06.07.2014) Kasimir Malewitsch, Malerischer Realismus: Junge mit Tornister – Farbige Massen in der 4. Dimension, 1915, Öl auf Leinwand, 71.1 x 44.5 cm, The Museum of Modern Art, New York Foto: © Kunstsammlung NRW
Kandinsky, Malewitsch, Mondrian – Der weiße Abgrund Unendlichkeit (Quadriennale Düsseldorf K20 Grabbeplatz 05.04. – 06.07.2014)
Kasimir Malewitsch, Malerischer Realismus: Junge mit Tornister – Farbige Massen in der 4. Dimension, 1915, Öl auf Leinwand, 71.1 x 44.5 cm, The Museum of Modern Art, New York
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Neben dem reinen Kunstgenuss der grandiosen Werke – auch das berühmte schwarze Quadrat ist in seiner Wiederholung von 1929 zu bestaunen – können sich die Besucher in vier Laboratorien in historischen Quellen und Diskursen über die Themen Okkultismus und Naturwissenschaften, Farbe, Film sowie Architektur informierten.

Die Ausstellung „Kandinsky, Malewitsch, Mondrian – Der weiße Abgrund Unendlichkeit“ eröffnet morgen und läuft bis zum 6. Juli 2014.

Öffnungszeiten
http://www.kunstsammlung.de/besuchen/oeffnungszeiten.html



Und auch für die Sensibilisierung der Sinne ist gesorgt: Exklusiv für die Ausstellung hat der bekannte zeitgenössische Künstler Olafur Eliasson einen „Ausstellungsguide“, der besonderen Art entwickelt:





Und wer dann immer noch nicht genug hat, kann sich noch bis zum 22. Juni 2014 die Ausstellung „Kasimir Malewitsch und die russische Avantgarde“ in der Bundeskunsthalle in Bonn anschauen. Diese präsentiert mit über 300 Werken aus den Bereichen Malerei, Grafik und Skulptur die zentralen Schaffensphasen Malewitschs und zeigt die große Vielfalt seines Œuvres. Es reicht von den symbolistischen Anfängen über die frühen abstrakten Bildfindungen bis zu den figürlichen Darstellungen der späteren Jahre.

(vgl. hierzu auch unseren Artikel Bundeskunsthalle Bonn – Kasimir Malewitsch und die russische Avantgarde ; Anmerkung des Hrsg.)



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Rezension: Bundeskunsthalle Bonn – Kasimir Malewitsch und die russische Avantgarde

Reihe: AUSSTELLUNGSREZENSIONEN AUF KUNSTDUESSELDORF.DE

Malewitsch in 13 Kapiteln

Bonn widmet Malewitsch und der russischen Avantgarde eine gigantische Ausstellung

von Marianne Hoffmann



“Jede Ausstellung, die von einem Museum in ein anderes wandert, wird immer zu einer neuen Ausstellung. Es gibt neue Schwerpunkte, neue Werke und neue Sinnzusammen-
hänge.” Mit diesen Worten begrüßte Rein Wolfs, der Intendant der Bundeskunsthalle in Bonn, die anwesenden Medienvertreter zur Präsentation der in 13 Kapitel gegliederten Show des Erfinders des Suprematismus. Gerne wird Malewitsch auf das schwarze Quadrat reduziert. Man sucht dieses Werk in der Bonner Ausstellung vergeblich. Nur einige Skizzen weisen auf diese bedeutende Arbeit hin. Auch das „Weiße Quadrat auf weißem Grund“ (1915), das nicht einmal mehr mit den Farbkontrasten zwischen Vorder- und Hintergrund spielt, sucht man vergeblich.

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Der Schwerpunkt dieser Ausstellung liegt auf der unglaublichen Vielfalt des umtriebigsten Künstlers, den Russland je hervorgebracht hat. In Bonn hat man nun die Möglichkeit, über 300 Gemälde, Grafiken, Architekturmodelle, Teller und Plakate aus allen Schaffensperioden zu sehen. Und das in 13 Kapiteln, die Moderne, den Impressionismus, Symbolismus, Fauvismus , Kubismus und Futurismus beleuchten, ohne didaktisch zu werden.Für diese Ausstellung stellten rund 25 internationale Museen und Privatsammlungen ihre Exponate zur Verfügung,damit man sich mit eigenen Augen von der ungeheuren Schaffenskraft Malewitschs überzeugen kann. Die Bundeskunsthalle kann unter anderem stolz darauf verweisen, dass sie bedeutende Werke aus der Tretjakow Galerie bekommen hat, die in Amsterdam nicht zu sehen waren.

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Begrüßt wird man in der Bonner Ausstellung von dem „Selbstporträt in zwei Dimensionen“ (1915). In diesem Gemälde ist das „Schwarze Quadrat“ als Bild im Bild bereits als Zitat vorhanden. Dieses Bild, das auch das Plakat der Ausstellung ziert, wurde in Amsterdam auf den Kopf gedreht abgebildet, auch Malewitsch hängte es in einer Ausstellung seiner Werke 1927 in Berlin ebenfalls so. Die Bonner einigten sich auf die andere Variante. Beide waren von Malewitsch schon damals autorisiert. Weiter geht es mit Werken, von denen man nicht glauben mag, dass sie dem Pinsel Malewitschs entsprungen sind. Cézanne wäre das erste, woran man denken mag. Gleichwohl war es die russische Auseinandersetzung mit allem, was aus Frankreich kam. Das Werk mit dem Titel „ Landschaft mit drei roten Häusern“ entstand 1911. Malewitsch war zu dieser Zeit Mitglied der Russischen Künstlergruppe Karo-Bube. Im Kubofuturismus beschäftigte man sich mit dem Kubismus in Frankreich und dem Futurismus in Italien. Heraus kamen Werke ,die die spätere Entwicklung Malewitschs erahnen liessen, was man beim Bild „Der Schnitter“ von 1912 unschwer erkennen kann. Spannend ist auch Malewitschs Spiel mit Farben. Sind manche Werke in satten Rottönen gestaltet, zeigen sich andere in allen Facetten der Unfarbe grau, wie im „Leben im Grand Hotel“ von 1913. Das Werk von Malewitsch zeichnet sich durch eine breite stilistische Heterogenität aus. Immer wieder steht der Kunsthistoriker vor der Herausforderung, künstlerische Phasen zeitlich festzulegen.

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Das Nebeneinander seiner Stile, seine Bauerndarstellungen zum Beispiel, sind nicht ohne die politischen Ereignisse in Russland und das Heranwachsen der Sowjetunion zu verstehen. Diese Sichtweise ist besonders von Bedeutung, wenn man auf sein Spätwerk blickt. Niemals kam es Malewitsch in den Sinn, seine gegenständliche Malerei in den Dienst des sozialistischen Realismus zu stellen. Vielmehr versuchte er weiterhin seine Formensprache mit figurativen Bildmotiven im Sinne des Suprematismus zu verbinden. Um seine Auseinandersetzung mit altrussischem Kulturgut zu zeigen, wurden in die Bonner Ausstellung drei bedeutende Ikonen aus dem 15. und 16. Jahrhundert integriert, die allesamt aus dem Staatlichen Russischen Museum in St. Petersburg geliehen wurden. Auch die Farbgebung der Ikonen lässt sich in vielen bedeutenden Werken Malewitschs wiederfinden. Ebenso greift er Bildmuster der religiösen Ikonen auf, wie etwa den Nimbus oder das Kreuz. Dies alles zeugt vom Werk eines künstlerischen Denkers. Sein weitreichender Einfluss, sowohl als Denker als auch als Künstler, wird durch die Konfrontation mit bedeutenden Zeitgenossen deutlich. Immer wieder mischen sich Werke von El Lissitzki, Michail Larionow, Wladimir Tatlin, Ilja Tschaschnk, Gustav Klucis, Olga Rosanowa und anderen zwischen die Arbeiten des Großmeisters.

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Im Frühjahr 1927 reiste Malewitsch nach Warschau und nach Berlin, wo er auf der Großen Kunstausstellung 70 seiner Werke zeigen konnte. Bei seiner Rückreise im Juni 1927 ließ er seine Bilder und Manuskripte in Berlin zurück. Zur gleichen Zeit wurde in der Sowjetunion unter Stalins Herrschaft der Ruf nach einer verständlichen, dem Volk zugewandten Kunst immer lauter. Seine Bilder wären in der Sowjetunion nicht mehr sicher gewesen. Sie wurden in Berlin von einem deutschen Architekten in Sicherheit gebracht. Nach seiner Rückkehr nach Moskau wandte sich der Theoretiker und Lehrer Malewitsch erneut der Malerei zu. Jetzt ist es wieder die Bauerndarstellung, die an sein Werk von 1910 anschließt. „Die wichtigste Bedeutung für unsere Zeit haben jetzt gegenstandslose Sachen oder Halbbilder, wie meine Bauern. Sie wirken am einschneidendsten.“

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Bauernbilder durchziehen Malewitschs gesamtes künstlerisches Schaffen. Seine zeitgleichen Portraits, auch sie sind in Bonn zu sehen, zeigen deutliche stilistische Anleihen an die Kunst der Renaissance. Eine Überraschung für den Besucher. Vor allem, wenn man bei näherer Betrachtung feststellt, dass die beherrschende Farbskala dieser Portraits die suprematistischen Farben Schwarz, Weiß, Rot und Gelb sind und das schwarze Quadrat als Signatur dient und damit „den Keim aller Möglichkeiten“ bezeichnet. Die Ausstellung in Bonn firmiert unter dem Titel: „Kasimir Malewitsch und die russische Avantgarde“ mit Werken aus den Sammlungen Chardschijew und Costakis. Beide Männer waren leidenschaftliche Sammler der Kunst der russischen Avantgarde. Nikolai Chardschijew ist es zu verdanken, dass außer bedeutenden Werken auch historische Dokumente, angefangen bei den frühesten Manifesten , Flugblätter, Fotos, Bücher, Kataloge gesammelt wurden. Ohne ihn wäre es nicht möglich gewesen, die Geschichte der Avantgarde in Russland nachzuzeichnen. Costakis dagegen war Sammler aus Leidenschaft. Durch sein großbürgerliches Umfeld hatte er die Mittel dazu. Er nahm sich Chardschijew als Berater, nachdem er auf den Konstruktivismus aufmerksam geworden war. Er reiste durchs Land und tat Werke auf, die schon als verschollen galten. Er hatte eine Spürnase , die ihm eine beinahe enzyklopädische Sammlung bescherte. 1960 öffnete er eine Wohnung in Moskau und machte seine Sammlung zugänglich. Sie wurde zum Treffpunkt für Moskaus Intellektuelle.

links S.E. der russische Botschafter Grinin, Staatsministerin für Kultur und Medien prof. Monika Grütters, Rein Wolfs, Intendant Bundeskunsthalle
links S.E. der russische Botschafter Grinin, Staatsministerin für Kultur und Medien prof. Monika Grütters, Rein Wolfs, Intendant Bundeskunsthalle

1993 wollte Chardschijew mit seiner Frau nach Amsterdam auswandern. Doch er musste einen Teil der Sammlung n Moskau lassen. Heute wird die Sammlung gemeinsam mit dem Stedelijk Museum und dem Russischen Staatlichen Archiv verwaltet. Costakis plante 1977, nach Griechenland auszuwandern. Auch er musste einen Teil der Sammlung in Moskau lassen. Sie befindet sich in der staatlichen Tretjakow Galerie. Der zweite Teil der Sammlung wurde 1997 vom griechischen Staat erworbenn und befindet sich heute im Museum für zeitgenössische Kunst in Thessaloniki. Beiden großen Sammlern würde es gefallen, wenn sie nach Bonn reisen könnten, um zu sehen, dass große Teile ihrer Sammlung hier nun wiedervereint sind.

Die Ausstellung ist in Zusammenarbeit mit dem Stedelijk-Museum in Amsterdam und der Tate Modern in London entstanden. In Amsterdam zog die Ausstellung gut 280 000 Besucher in ihren Bann. Bonn ist die zweite Station, ehe die Schau an die Themse zieht. Diese Ausstellung wird ein Publikumsmagnet. Es ist der in der Vergangenheit arg gebeutelten Bundeskunsthalle sehr zu gönnen.




Austellungsdauer 8. März – 22. Juni 2014

Katalog : 35 Euro

Eintritt: 10 Euro

Alle Informationen unter www.bundeskunsthalle.de



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Ausstellungsrezension: Sammlung PHILARA (Düsseldorf) – „IMPORT-EXPORT“ (noch bis 23.3.)

IMPORT-EXPORT

Eine Ausstellung der Kunststudierenden der TU Dortmund in der Düsseldorfer Sammlung Philara.

Von Julia Reich

Während der Ausstellungseröffnung am 20.02.2014 konnte man sich davon überzeugen, dass die Technische Universität Dortmund nicht nur erfolgreiche Ingenieure und Naturwissenschaftler ausbildet, sondern auch die Schönen Künste ihren Platz an der TU haben. Der Leiter des Lehrstuhls für Malerei Prof. Jan Kolata und die Dozentin Sabrina Haunsperg haben 23 künstlerische Positionen aus Dortmund nach Düsseldorf importiert. Es wurden Arbeiten unterschiedlicher Gattungen präsentiert, wobei der Schwerpunkt bei malerischen und zeichnerischen Arbeiten, die in jeder Größendimension ausgeführt wurden – vom typischen Fotografiekleinformat hin zu zwei Meter hohen Gemälden. Nicht nur im Format sondern auch in Bildauffassung und Sujet zeigt IMPORT EXPORT in den teils schmalen Gängen der ehemaligen Industrieräumlichkeiten das breite Spektrum zeitgenössischer Malerei aus dem Ruhrgebiet. Von abstraktem Farbgemenge, das sich in prismenhaft-gebrochenen Farbfächern findet über fotorealistische, an Nachrichtenbilder anmutende, Malereien hin zu einer malerischen Auseinandersetzung mit Steaks.


importDie gut besuchte Ausstellungseröffnung zeugt davon, dass Düsseldorf neugierig auf die zeitgenössische Kunst des Ruhrpotts ist. Im Gespräch mit einigen Studierenden wird deutlich,  dass die Möglichkeit des Ausstellens in Dortmund bis auf das Museum im U-Turm stark eingeschränkt ist. Umso mehr empfinden die ausstellenden jungen KünstlerInnen die IMPORT EXPORT Ausstellung als exklusives Privileg. Zur Zeit stellt Jan Kolata seine abstrakten großformatigen Malereien in der Johanneskirche in der Düsseldorfer Innenstadt aus. Langsam aber sicher, rückt nun auch nichtlokale Kunst in den Fokus der Düsseldorfer Kunstszene und findet ausreichend Anerkennung. Eine positive Entwicklung, die kreatives Potenzial freisetzt und hoffentlich auf fruchtbaren Nährboden fällt.



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Ausstellungsdauer bis 23. März 2014

Öffnungszeiten: samstags 14 bis 17.30 Uhr, sonntags 14 bis 16 Uhr und nach Vereinbarung unter info@philara.de



Sammlung Philara
Showroom UG
Walzwerkstraße 14
40599 Düsseldorf
www.philara.de




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Unser Buchtipp für FEB – Ingrid Steeger: „Und find es wunderbar – mein Leben“

Und find es wunderbar – mein Leben

Autobiografie von Ingrid Steeger
Lübbe Verlag

Februar



„Ich schenke Ihnen mein Leben“ hat sie mir ins Buch geschrieben und signiert, Ingrid Steeger, klein und zerbrechlich, aber temperamentvoll und sehr sympathisch.In der Mayerschen-Droste an der Kö hat sie ihr Buch vor begeisterten Fans vorgestellt, bis 12. Januar spielte sie im Theater an der Kö mit großem Erfolg in dem Stück „Der Kurschattenmann“, und sie liebt Düsseldorf, wo sie auch während ihres Gastspiels wohnte. Mit ihrer Yorkshire-Hündin „Eliza Doolittle“ wurde sie viel in unserer Stadt gesehen. Die kleine Hündin ist überall dabei, auch in der Buchhandlung und im Theater.

Heute ist sie 66 Jahre, die Ingrid Steeger, die uns noch allen als Star in der Fersehsendung Klimbim bekannt ist, die Ulknudel, die uns begeistert hat. Doch ihr Leben war eine Berg- und Talfahrt. Nach tollen Zeiten kamen Depressionen und Angstzustände und dann der Ruin. Doch sie hat Freunde, die ihr Geld geliehen haben. „Freunden habe ich das Geld zwar nicht zurückbezahlt, doch dafür gehöre ich ihnen nun halb“ erzählt sie frei und ehrlich bei der Lesung. So unglaublich ehrlich erzählt sie ihr Leben, von den Prügeln in der Kindheit, den Vergewaltigungen, dem Spürsinn, immer die falschen Männer zu lieben. Mit dem Schreiben ihres Buches hat sie begonnen, ihre Vergangenheit zu bewältigen. Und wenn man sie erlebt, glaubt man, daß es ihr gelungen ist. Heute ist sie im besten Alter und wirkt noch viel viel jünger, und sehr hübsch ist sie.

Das Buch ist schockierend, aber auch manchmal komisch, anrührend und ermutigend. Ein Stück deutscher Film-und Fernsehgeschichte, die Geschichte einer Frau, deren Motto „Hinfallen ist erlaubt – aufstehen Plicht“ für uns alle gelten sollte.

Ingrid Steeger ist heute wieder viel beschäftigt und engagiert sich für mehrere soziale Vereine.
320 Seiten, die sich lohnen.

Gisela Keller
c/o Mayersche-Droste-Buchhandlung, Düsseldorf

Frau Gisela Keller, unsere Expertin in Sachen Kunstbücher, berät Sie gerne vor Ort in unserer Buchhandlung an der Kö.
Mayersche Buchhandlung Droste
Königsallee 18
40212 Düsseldorf
Öffnungszeiten
Mo: 10.00 – 20.00 Uhr
Di: 10.00 – 20.00 Uhr
Mi: 10.00 – 20.00 Uhr
Do: 10.00 – 20.00 Uhr
Fr: 10.00 – 20.00 Uhr
Sa: 9.30 – 20.00 Uhr
Tel.: 0211 / 5425690-0
Fax: 0211 / 5425690-1
Email: info-duesseldorf-droste-koe@mayersche.de

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Unser Kunstbuch-Tipp JAN: „Klein Paris“ – Fotografien von Dirk Alvermann

Klein Paris

Fotografien von Dirk Alvermann

Steidl Verlag
ISBN 978-3-86930-348-2

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Foto_JAN
 


Die Feiertage haben wir mehr oder weniger gut überstanden und sehnen uns jetzt nach etwas Ruhe. So stellen wir heute ein Buch vor, dass uns einfach nur Fotos zeigt, in die wir eintauchen können. Unverzichtbare Fotos für Düsseldorf.

Als Napoleon nach Düsseldorf kam hat er dieser Stadt den Namen „Klein Paris“ gegeben, und Dirk Alvermann zeigt sie uns mit der Leica gesehen von 1956 bis 1965. Für Jung und Alt wichtig zu sehen, wie war das denn so in unserer Stadt vor 50, 60 Jahren?

Dirk Alvermann, 1937 geboren, in Düsseldorf-Mitte aufgewachsen, 2013 verstorben, hat uns u.a. diese Zeitreise hinterlassen, Geschichte noch für unsere Kindeskinder. Als junger Fotograf lief er täglich mit der Kamera durch Düsseldorf, das Leben festzuhalten. Er zeigt uns die Freuden der Schützenfeste und des Karnevals, Kinder, die in den letzten Ruinen des Krieges spielen, die Konkurrenz der Pferdewagen mit dem Auto, Musikanten, Bettler, Radschläger. Wir sehen Kundinnen im Kaufrausch und und den Beginn der Verwandlung der „Kö“ in einen Laufsteg der Eitelkeiten.

Jedes Foto ist eine Entdeckungsreise wert, vielleicht erkennen wir sogar den einen oder anderen.
Zeitzeugen wird es nicht immer geben, aber dieses Buch wird bleiben, ein Schaubuch über die 50iger, 60iger Jahre in unserer Stadt.

Alles Gute für 2014!

Gisela Keller
c/o Mayersche-Droste-Buchhandlung, Düsseldorf

Frau Gisela Keller, unsere Expertin in Sachen Kunstbücher, berät Sie gerne vor Ort in unserer Buchhandlung an der Kö.
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