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Thomas Woll – STRUCTANGLE X

Thomas Woll – STRUCTANGLE X

13.06. bis 26.07.2014

Das heutige Leben in der Zeit, die oft als Hypermoderne beschriebenen wird, strebt nach Überwindung von Orts- und Zeitgrenzen. Im Zuge der Globalisierung vermischen sich zuvor voneinander abgegrenzte Kulturen. Die ‚Ent-Grenzung‘ lässt zunehmend ein neues Konstrukt von Welt aufscheinen, heterogen, chaotisch und doch von neuen Bezügen innerhalb des großen Ganzen strukturiert. Stichworte, wie Verlinkung oder Vernetzung sind allgegenwärtige Beschreibungen kultureller Praxis.
Der koreanische Philosoph Byung-Chul Han findet bei seinem Versuch, das Wesen der heutigen Kultur zu beschreiben, den Begriff ‚Structangle‘, Titel der neuen Ausstellung von Thomas Woll. Die Verbindung von ‚Structure‘ und ‚Angle‘ beschreibt einen Zustand unüberschaubarer Komplexität, in deren größtmöglicher Unordnung bereits die größtmögliche Freiheit zu neuen Verknüpfungen angelegt ist.
Byung-Chul Han erkennt die Notwendigkeit, auf dem Weg zu einer absoluten Offenheit in alle Richtungen von Raum und Zeit, zunächst die bekannten, vorgefundenen Ordnungen aufzulösen. Ganz ähnlich verläuft der Planungsprozess der Installationen von Thomas Woll. Immer reagiert der Künstler auf die Umgebung des Ausstellungsortes. Die für ihn typischen Interventionen, Ein- und Umbauten von Räumen, tragen eine deutliche Handschrift: Konstruktionen aus Neon, Beton, Kabel und Metall – das Repertoire der Materialien, die der Künstler für seine Arbeit verwendet, hat sich in den letzten Jahren verfestigt.
So sehr seine Objekte und Eingriffe sich auch der vorgefundenen Architektur anschließen, mit ihr verschmelzen, so sehr sind sie auch von dieser verschieden.
Seine Konstruktion ‚Structangle X‘ ist eindeutig nicht Teil der alten Realität. Alle Objekte scheinen einem Zweck dienlich zu sein, sie haben einen Grund für ihr ‚so sein‘ und ‚hier sein‘. Sie sind mühevoll und auf Dauer errichtet. Irgendwie gilt: Form follows Function. Nur wie, dass erschließt sich den Besuchern der Ausstellung nicht. Luftschächte, Lichtschlitze oder Kraftstoffzellen….
Es bleiben irritierende Fremdkörper, anders und uneindeutig in ihrer Funktion.
Zwei voneinander verschiedene Architekturen/Realitäten durchdringen sich, die Situation präsentiert zwei Strukturen, die zur selben Zeit am selben Ort stehen, ohne dass sie demselben System angehören. Wir glauben, zu wissen, wo wir stehen, doch eröffnet die Kunst Thomas Wolls uns weitere Optionen.

TZR Galerie Kai Brückner